Zum Schluß, an der Kante vor dem Abbruch, ließ sich noch soeben kunstweis seine bleiche Hand halten. Und jetzt übriggeblieben habe ich einige Photos (1991) meiner »wiederver- / wiederzer-.« Ausstellung (Juni-Juli); und Erinnerungen an den Heimatabend des Weltbekannt e.V. (November). Kurz darauf erfolgte wie geplant der Abriß. Das Kunsthaus Hamburg (Paul Seitz) wich einem weniger zarten, dafür doll machtvollen Neubau.
Sommer einundneunzig, 19.6. – 7.7. 1991, Photos vom Glasgang des alten Kunsthauses Hamburg zum Kunstverein hinüber. Sommer, das war ein Regentag, das war grau und etwas verkommen, das war nüchtern, ein Jahr nach Wiedervereinigungsvertrag. Das Kunsthaus stand vor dem Abriß. Ein guter Ort, eine gute Zeit für etwas politische Farbmagie, und dafür, eine Salzung einzubringen, den Gang lang stelle ich zehn Plastikeimer, Putzeimer, auf. Innen gesättigtes Salzwasser, etwas über die Hälfte. Die Eimer waren rot und außen angestrichen, immer abwechselnd ein Eimer goldgelb, nächster Eimer schwarz, … die untere Hälfte. In die mittleren fünf Eimer hing in Bahnen zerteiltes original Fahnentuch, die deutsche Bundesflagge nach ihren Farben einmal schwarz, einmal rot, einmal gold. Der Stoff saugt das Salzwasser in die Verdunstung, weiße Ränder bilden sich, und wachsen. Erwartungen. Salzkriechen.
Die Ausstellung, 19.6.–7.7.1991, hieß »Phase: wiederver- / wiederzer-«.
August 1990 war der Wiedervereinigungsvertrag geschlossen. Ich hatte Im Frühjar angefangen mich auf der östlichen Seite der Elbe herumzutreiben. Suche nach Kunstorten, Leute kennenlernen — Johanna Bartl in Salzwedel/Tylsen gefunden.
November. Sozusagen ganz zum Schluß bekam der Weltbekannt e.V. noch einmal die Schlüssel und organisierte ein mehrtägiges Arbeitsessen, 19.11. – 24.11. 1991, »Das unendliche Gepräch«. Das Symposium hatte jeden Abend ein anderes Thema, eingeladen war ich zum, »Heimatabend«, 7 Gäste. Ich warf mit Bierdeckeln, »Bierdeckelwerfen, Andreas Peschka wirft Tondi zum Bier.« Launig aus den Gesprächen, aus dem Festessen hinaus in die kunstverlassene Etage schallerte ich Kartonweise mit Photokopien beidseitig kaschierte Bierdeckel. Chaotisches Fliegen, wilde Streu auf dem Boden, sie verteilten sich nach den achitektonischen Gegebenheiten (Säulen, Wurfwinkel vom Tisch aus), zufällig, welche Seite oben zu liegen kam, zum Zeigen kam, in die Streumontage mit den andern Motivdeckeln, Haufenansichten, flüchtig wie die Blicke von Galeriebesuchern. Alle weg. Die Bierdeckel blieben liegen. Meine Vorstellung. Erneutes Auffliegen, Frisbeenen im endgültigen Niedergang, Abriß.
(Habe ich noch Photos? »Bierdeckel« hab ich sicher noch etliche.)