Der Alamanch #6
Gelegenheit als Kollaborationslabor

Vom Kritzel
zum gestressten Tentakel
zum Dickichtballet
zum Gewölle
Sei grad mal frei und erweise Dich als Beispiel.
oder – Sei kreativ und beweise durch ein Werk.
oder – Mach eine kollaborative Graphik in 32 Exemplaren.
oder – Indiana Jones* und der Tempel des Todes.
* (kein InJo: aber Helden?, aber corporate Identtity?, aber Desasterpotential?, aber Abenteuer?, aber Spur&Weg, aber challenge?, ??, aber aber — nein, nein; Hauptmerkmal: allgemeinste Unbestimmtheit (nichts von allem oder was?), nur die Einladung als der Nagel zum dran Aufhängen
:
Es werden 30+2 Exemplare des Almanachs hergestellt, was heißt, pro Teilgabe sind 30+2 Exemplare der Graphik zu liefern. Die 30 gehen in die Almanache, davon hat es 2 Exemplare für jede Teilgeber-Gruppe, die restlichen sind für die Akademie und den Handel. Eine Graphik (=2Blatt, wegen Vorder-& Rückseite) ist für Ausstellungen.

aus der Rückschau, ab:
2023-08-11 07−00−35 — Jetzt.
Am 08.03.2023 um 09:33 erreichte mich die Einladung der Akademie der Künste Sachsen Anhalt (AdKsan) zu deren sechsten Almanach, Thema, »Kollaboration«. Ich reagierte spontan mit einer Zusage, ohne mich weiter zu besinnen aus dem Gefühl, das kann ich, das hat Spaß und geht in meine Richtung. Ich kenne kollaboratives Arbeiten aus unterschiedlichen, teils von mir selbst konzipierten Kunstprojekten. Ich kenne auch strengen Individualismus.

Ein Tag später, mulmig, die wichtigsten Fragen ungeklärt. Alarm, mit wem, worum soll es gehen, was für eine Art Kooperation soll das werden, muß das ich alles klären, gar bestimmen, ich bin sauschlecht darin, jemanden zu motivieren, … Hätte ich all das nich zuerst angehen sollen und dann … ??? Im Normalfall schere ich mich kaum um andere, weder Publikum, noch Kollegen, ein eigenes Werk borniert mich, so divers es immanent auch sei, auf sich. Also nun, so auch dies: Thema – Initiative Kollaboration.
Tatsächlich ich im Folgenden ungeschickt aber in höherem Auftrag, zögere drehe und wende innerlich, sage erst mal keinem, als ob ich schweigen könnte, aber hier und ne Bemerkung und da, endlich, als hätte ich, wäre ich, … — Die Personen, denen ich das Projekt zutrauen würde, mit denen ich längste Erfahrung in Koperationen habe, durch Turbulenzen und Flauten, Internet-WG, aber aber: Es ist der Kunsttalk fast soetwas wie ein Gegenschwur zu Verein, zu Buch, zu Graphikblättern, zu Organisiertem u.s.w.
Unsere Methode ist unmittelbar, »Organisation ohne Organisationszwang«, Themen nennt man, um sie nicht einzuhalten, schamlose Disfunktion, »wir sind nicht mal Dada, auch nicht Neosolches«. Unsere derart gewonnene Fluffigkeit, Mut kann ich das nicht nennen, hilft jedenfalls, daß ich dem Kunsttalk mit diesem Leer-Projekt komme.
Was alles der Kunsttalk nicht ist! —
Bühne
Podest
Filmset
Talkshow
Küchentalk
Feature
workshop
Seminar
TZI
realityTV
TV, Massenmedium, Kino
Selbsthilfegruppe
Stammtisch
Dating Plattform
Horde
Bank
Abenteuerspielplatz
Duchamps Fontaine
Rentnerband
Karnevalsverein
Castorenhalle
Risikozone
Silver factory
u.v.m.
So macht der Kunstalk doch in
unbescheidener Bescheidenheit einen
Stream. Was aber ist ein Stream?
Es strömt und nimmt mit und bringt über, also läßt obenauf und untendurch schwimmen. Was einfällt, hineinfällt, dazu braucht es kaum Vorbereitung, Annäherung vielleicht …


Und: die Auflage ist gedruckt. 32 Blätter liegen vor. Ich bin glücklich mit dem Ergebnis und erleichert, immer wieder war ich vom Prozess gestreßt, aber jetzt der Drucker machte keine Probleme, und nun hat es endlich diesen Stapel Graphik, fertig zum Versand. Sorgfältig packe ich ein. Regenfest.
23.11.2023 13:15 Uhr schicke ich ab, Filiale 258. Sülztorstr. 21, Lüneburg.
Wieder im Büro fällt mir siedendheiß ein, daß ich Datum, Nummerierung und Signatur vergessen habe. Peinlich und typisch. Ich signiere nicht gern. Ich halte meine Arbeiten intuitiv im Prozess, Anfänge liebe ich, bei Stopps sehe ich nicht ein, wieso. Signatur besiegelt, geht ins Geschäftsmäßige. Meinen Schaffensstolz ernte ich schon am Anfang (anfängerstolz) und in der Arbeit selbst. Ich fühle mich nicht als Warenproduzent. Für das Kunstmarktgehabe habe ich ein zu naives Naturell. — Ich maile und bitte um Rücksendung.
Von Nadine Adam, an welche die Sendung geht, kommt folgende Antwort: »Ist denn die Signatur so wichtig?«. Ich sag mal, peng, getroffen.
Weglassen, würde einiges vereinfachen. Das Hin- und Herschicken, ich vermiede zu signieren und die Frage nach der kollektiven Signatur, wer sollte, wer darf etc. Tatsächlich fing ich stante pede an, Möglichkeiten zu ventilieren, wie das gehen könnte.
Datum und Nummer könnte Nadine eintragen;
Sie könnte das Feld für die Signatur leer lassen;
evtl. stattdessen, das Feld auskreuzen;
oder zum Zeichen der Flüchtigkeit mit einem weißem Farbwisch versehen;
Signatur oder »geopoet« oder »Kunsttalkkollabor« einstempeln.
Ich könnte Zettel mit der Signatur zum Aufkleben schicken.
Alles viel Arbeit für Nadine und/oder eine Verletzung der Performance – mmh?
Ich schlief dann schlecht oder eher nicht und wälzte das Problem und mich im Bett, morgens war ich klar und hatte was ich wollte samt entsprechender Begründung:
Was sollte es heißen, wenn ich
stellvertretend für alle andern Teilgeber der kollaborativen Graphik unterschreiben würde?
Liebe Nadine, ich lieg wach und denke über die Signatur unserer Gemeinschaftsgraphik nach. Zunächst aber, bitte ich Dich, das Paket zurückzuschicken, und ich schicke es dann, wenn fertig, wieder an Dich.
Ich habe zuletzt grad darüber nachgedacht, was »stellvertretend« bedeutet. Zum einen, daß jeder von uns, wir alle und auch ich gleichberechtigt unterzeichnen können. In unserm kollaborativen Falle meinte jede Unterschrift, daß ganz persönlich diese Arbeit, so wie sie endlich wurde, bestätigt wird. Also eine Bestätigung der Kooperation und deren Ergebnis. Alle haben mit je ihrem Engagement, mal arbeitsteilig, mal in unterschiedlichen Vermischtheiten, Bedingtheiten aus dem jeweiligen Leben, der je aktuellen Gruppendynamik und Situation diese Graphik erzeugt.
So auch gilt meine Unterschrift. So auch ist sie eine Bestätigung des Unterschiedes, daß eben über die individuelle Autorenschaft hinausgegangen wurde; daß alle die ganze Zeit das wußten und wollten. So performt der scheinbar selbe Akt einer Künstlerunterschrift die Abweichung und erhält dennoch die Würde für das gemeinsame, »Wir hier habens geschafft!«. Die Momente der Selbstaufgabe, die Momente, bestätigenden Gewährenlassens oder der Oberhand, der wechselnden Funktionen oder gelingenden Arbeitsteilung u.s.w. u.s.w das ganze Mimosententakel … nun ja, da ist das Ergebnis: und bestätigt also auch den Wert der Einzelleistungen.
Wenn ich das Feld leer ließe, würde ich diese Verankerung verwerfen. Wenn ich es durchstreichen würde, käme das einer autoaggressiven Handlung gleich, jedes ICH als unwesentlich in den Wind, was nicht sein soll (oder wahlweise derart neoliberalistisch oder weltenthoben — nein). Schriebe ich »geopoet« statt meinen bürgerlichen Namen, zöge ich das ganze in spezifisch meine Konzeptareale, aber die einzelnen bringen ja die ihren ebenfalls mit, sie überlagern sich.
Ich könnte auch Dich unterschreiben lassen, was legitimiert werden könnte, da Du den Almanach verlegst und für seine Regeln stehen kannst, deren Wirksamkeit also mit der Unterschrift beglaubigt würde, »Ist unterschrieben!«, oder im Auftrag: jene Autorengruppe hat … zumal auch Du ja als Kunsttalkkollaborantin aktiv bist. Aber solch doch nur im äußersten Notfall. Auch ein Hinterherschicken meiner Unterschriften zum Einkleben o.ä. wäre doch dürftige Notlösung bis Verunstaltung.
Noch eine Abschweifung: Die Graphik nutzt avancierte digitale Mittel. Eine KI unterschreiben lassen? Bisher, denke ich, unterschreibt eine KI nicht, sondern wirkt sich aus, wie jedes Werkzeug. Automatische Autorisierungen würden auf die Instanzen verweisen, die jene auslösen, seien es Apparatschiks oder Apparate. Aber so weit ist es noch, wenn denn je, nicht.
So denn meine Bitte, meinen Fehler schlicht durch Wiedervorlage zu korrgieren. Vielen Dank für die von mir verursachten Mühen. Vielen Dank auch für die Nachfrage, »Wie wichtig ist denn die Signatur?«. Das hat doch geholfen, zu Ideenspielen noch und eben hier nachzudenken.
Ganz liebe Grüße, ich schicke das jetzt und geh mal wieder ins Bett, fürn Stündchen. Andreas