@ Bernhard Sallmann, Judica Albrecht
Marina Zwetajewa
Über Deutschland, [Film, DVD
(schlaflos, TGB Eintrag ad Film, ich sollte Zwetajewa lesen …)
Bergkristall von höchster Reinheit, nicht zu überbietender Transparenz, den man atmen kann, wenn man langsam atmet, wenn man intensiv atmet, wenn man selbst aus Licht ist, wenn man keine Angst hat, sich im Prisma brechen zu lassen.
Eine Person über sogar den Gipfel erhoben, ein Turm über dem Gipfel, ein Turm sogar über dem Turm, wie sie steht, wie sie in die Transparenz eingelassen zu schweben scheint, wie sie akustisch leuchtet. Per Sona, die Klarheit atmet, die Sätze ausstrahlt. Die Schwingungen durchdringen die Bleiglasatmosphäre weniger, als daß sie in ihr aufgehoben, angehalten, gespeichert, abgelegt darauf warten, daß eine Erinnerung passiert und sie aufnimmt und, fernen Absichen ein Zeichen, um Untiefen leitet.
Seltsam zu denken, daß drinnen sein mit Berührungslosigkeit einher gehen kann. Selber durchdrungen, durchdringend innigst vom Massiv des Kristalls durchtränkt, sogar daraus bestehend: distanziert letzter Unterschied. Nicht bloß gedacht, nackt eingetaucht, die Stelle durch die der Kristall spricht, zu sich, in seine Weite, in sein Hiermoment virulent jetzt.
Eine mächtige Schicht, aufgelagert auf die Landschaft, auf das Land, sich den Sedimenten anschmiegend, aber ein fremder Horizont ganz ohne Körnung, absolut homogene Masse, deren Bewegungslosigkeit, sogar ihr innerer Klang kommt wie aus dem Off, die mit Schärfe kleine Bewegungen heraushebt, Eindringlinge, Inklusen, Unruhepartikel, Brownsche Bewegungen. Spaziergänger. Autospielzeugkleine Ferne.
Nebel und Wildnis, verkörpert, zerkörpert gegenständlich.
Nicht. Offene Haare wehen, Röcke bauschen, auch der Zyklop aus Stein gehauen. Diese Frau.
Das Hologramm beinhaltet ein ganzes Leben. Wie man sagt, »und seine Zeit«. Man weiß, daß jeder Splitter einer Situation, ein Fitzel Wahrnehmung allein entfaltet immer noch das Ganze.
Geburt – jene Anwesenheit hier – bis hin, wo sie sich erhängt. Bitterster Realismus am Ende.
In Trauer gebannt, ein beschriebenes Blatt Asche von einer Seifenblase begleitet, verweht, war da was? Nein, nchts. Transparenz macht unsichtbar.
Bergbahnfähre nach dorthin, von dort wieder herunter. Ich könnte stundenlang mitfahren. Das Geräusch, die Spiegelungen, die Maschine, wie das Konstrukt die Führung wahrnimmt im Abflug der Seelen.
Vielleicht um andersgeartete Seelen zu treffen. || Übrigens Michel Serres, »Die fünf Sinne«, Philosophie der Gemenge und Gemische: Der Tastsinn, der Finger und die Gesichtshaut. Was berührt, wird ICH, indem es sich spürt, was berührt wird, wird SEELE auf selbe Weise. Seele und ich können die Plätze tauschen. Die Hand hebt ab und gründet woanders eine Berührung. Seeleninseln, die aufeinmal da sind, und wieder ausklingend weg. Sprung. Noch eine. Man kann nachspüren, welche Form und Tiefe so eine Insel hat, wie sie rückwirkt. Der Finger nimmt die an den Lippen gewonnene Seele mit sich und spielt das Spiel mit anderen Fingern. Sie gründen ganze Länder auf dem Oberschenkel, viele Varianten, unsichtbare Tatoos, die man kartieren kann.
Auf Film bannen. Schonend. Ein verletztes Leben. Hier oben.
Absinken vonwegen, keine Endgültigkeiten. Anfänge.
Von hier aus sollte ich einen Sprung wagen* aus der Helle in finsterste Schlaflosigkeit, aus dem gleißenden Über-Wach-Sein (als Widerstand), zu Heinrich Heines, »Denk ich an Deutschland in der Nacht« — wie es wäre, Utopien hoch zu halten, Anlagen als schön zu behaupten, obwohl die tatsächlich von Realitäten [und sind Schmerz, Not, Krieg nicht der Realtät zerstörend eindringlichste] durchsetzt und korrodiert sind? Überdeutschland gegen Unterdeutschland? Der Film wäre als solch Statement zu begreifen; dabei »die Zeiten«, die Schlaflosigkeiten derzeit, Alp anachronistischster Widerkehr: denk ich an … schrecklichste Liste, Jemen, Sudan, Ukraine, … den Erdplaneten; und Alp dystopischster Zukünfte, ich denke an industriell erzeugte Wüsteneien, an zerzüchtete Körper und Ökotope, jeder Quellcode von Herrschaftsfratzen geknackt, … global die Biosphäre. Soll ich mir die Vernunft abschaffen zugunsten einer hoffnungsmutigen Naivität? Sollte ich also, wie Zwetajewa, wie der Film, ewig rein die Jugenderinnerungen einer heileren Welt hypostasieren?
Ja.
hachach. Etwas, um herunterzukommen, um von Wechselstromfeldern gleichmütig abzulassen: schmale Phase sachlicher Informationen, dieses Medium, der Film, »Über Deutschland«:
Es gibt ein Presseheft. Hier.
Und dies die genauen Filmdaten: Film »Über Deutschland«, Regie: Bernhard Sallmann, Bild: Reiner J. Nagel, Ton: Klaus Barm, Montage: Christoph Krüger, Musik: Tomas Bächli, mit Judica Albrecht, D 2021, 80 Min., DF
Produktion: Reiner J. Nagel (www.ostwärts-film.de)
*Ich bin nicht zufrieden. Wieso »wagen« , wieso »Sprung« und nicht Fall, wieso »finsterst«, was dann ist »Nacht«?
Heines, durchnächtigt Über-Wach-Sein im Gleitflug der Schlaflosigkeit, das ist ein heller Zustand, so finster es sonst auch sei.
Aber ich immerhin komme mit, »Utopien hoch halten!«
Morgenstern und Abendstern. Planet heißt Wandelstern. Venuswechsel. Sprang sie oder ist sie gefallen. Er der hellste der Engel, Luzifer, die strahlende Hölle auf Erden. Die reale Venus extrem lebensfeindlich. 400° Treibhausklima. Doch wagen. Ja, Luzifers Lampe.
Para-gleit-end.
Film und DVD, digitale Vermittlungen, soziale Medien, Künstliche Intelligenzen wie sie Texte und Bilder bearbeiten, — — Fantasy-pons-bridge-gangway … Pier, nicht springen, abfahren.
Hypostase. Hypostasie.
[[Anschlüsse auf Weiteres–: hologrammatische Flüssigkristalle; ozeanische Gefühle; Schwarzraum Trauer; Heines Rettung, diese-seine rettend konkrete Frau, Beziehung; Idealisierung überlebensnotwendig; Zwet. als Partikel umhergetrieben in den Sturzwassern, Revolutionen, Kehrwässern, Brandungen; Schreiben direkt im Internet; Anthropozän und die Lesbarkeit der Landschaft; Virtualität, was eine Klarheit;