Beerdigung der AnthropozänKnochen, Nebeneingang Kurpark
Beerdigung der AnthropozänKnochen, Tupadose
Beerdigung der AnthropozänKnochen, Spaten
Beerdigung der AnthropozänKnochen, Erdgrab

Die Pho­tos ent­stan­den im Nach­gang mei­ner Per­for­mance für die Dis­fu-Lesung (am 3.5.2024).

Titel: „We must use things like that, old words, as stu­pid as anything, but real­ly use them, work them to the bone.” (Lacan)

Nach dem Mot­to: „Hal­lo, Sie kön­nen uns Suzen.“

Die Per­for­mance zeig­te in der Haupt­sa­che, wie ich ein Hal­bes Grill­hähn­chen ver­spei­ste, vor allem mei­ner­seits als eine Art Bezie­hungs­klä­rung zwi­schen mir und den gegrill­ten Resten des einst leben­den Huhns.

Für die­se Bezie­hungs­klä­rung in aller Öffent­lich­keit gab es meh­re­re Rah­men – den der Öffent­lich­keit, sprich der Hähn­chen kon­su­mie­ren­den Gesell­schaft, den der indu­stri­el­len Zucht und Mästung von Hybrid­hüh­nern, sodann vom Ver­ge­gen­ständ­li­chen­den ins Per­sön­li­che wech­selnd, die Grün­dung eines Par­la­ments der Din­ge, also der ent­spre­chend anzu­neh­men­den Sub­jek­ti­vi­tät von Din­gen, d.i. von Per­so­nen­wür­de weit über die Mensch­heit hin­aus.

Ich behaup­te nicht, daß ich in die­sen Rah­men vor­bild­lich zu han­deln fähig bin. Eher im Gegen­teil. Jedoch all der Schrecken und mög­li­che Befrie­dun­gen, Logi­ken und Ata­vis­men, all ihre Para­do­xien und Uto­pien, in Wech­sel­wir­kung, sind in dem bana­len Akt,
„Andre­as Pesch­ka isst ein Hal­bes Hähn­chen vor Publi­kum“,
ent­hal­ten. Essen und mit vol­lem Mund eben dies reflek­tie­ren, kenn­zeich­net den Auf­tritt zu Genü­ge.

Doch bin ich indem unter den Anspruch gesetzt, irgend­wie mit der Per­spek­ti­ve zurecht­zu­kom­men, das Hähn­chen, wel­ches ich gera­de esse, sei eben auch mein Mit­bür­ger, mein Näch­ster, dem ich min­de­stens durch einen neu­en Gesell­schafts­ver­trag ver­bun­den bin. Wie ver­pflich­tend auch immer, aber eben nun vor Zeu­gen bin ich’s jeden­falls doch.

Ich ach­te Dich, ich esse Dich. Was kann ich tun? Mit dem Essen auf­hö­ren? Es schmeckt so gut, daß ich dar­in fast die Zustim­mung des Grill­hähn­chens sehen mag. Doch könn­te sein Opfer viel­leicht nicht umsonst gewe­sen sein, wenn ich essend über die Ket­te auf­klä­re, die uns bei­de anein­an­der bin­det, mit­hin über den Wunsch, es kön­ne ein­mal anders wer­den. Anti­ka­pi­ta­li­stisch viel­leicht. Sagen, was es heißt, ein Hybrid­huhn sein zu müs­sen, sowie ander­seits ein essen­der Mensch. Als Stell­ver­tre­ter käme ich wohl nicht in Fra­ge, ich als jenes. Aber wie ähn­lich, mag sein, ist unser bei­der Leben in Öko­no­mie und Öko­lo­gie mög­li­cher­wei­se doch. – Ritu­ell folg­te dann die Ver­le­sung erster §§ eines auf all­ge­mei­ne Ding­rech­te erwei­ter­ten Grund­ge­set­zes.

Das macht mich nicht weni­ger angreif­bar, vor allem wo Uto­pia noch fern liegt. Und so, rat­los, mache ich eine Anlei­he bei der Jagd. Jäger erwei­sen mit beson­de­ren Ritua­len dem erleg­ten Wild ihren Respekt und Dank­bar­keit. Viel­leicht sogar hat es öko­lo­gi­sche Ver­spre­chen? Min­de­stens als sub­jek­ti­ve per­sön­li­che Ent­la­stung mei­ner­seits, ver­sprach ich dem Grill­hähn­chen, es nach der Per­for­mance zu begra­ben, anonym und am Ran­de des Kur­par­kes. Die Pho­tos bele­gen die­sen Akt der Wür­di­gung. Und als ver­öf­fent­lich­te Doku­men­te erhal­ten sie des­sen Frag­wür­dig­keit.

Ich lege in dem auch absicht­lich eine Spur, Ich enga­gie­re mich für die Rea­li­sa­ti­on einer Ver­mu­tung von Anthro­po­lo­gen und Bio­stra­to­gra­phen, daß näm­lich die Kno­chen von Hybrid­hüh­nern als Leit­fos­sil für’s Anthro­po­zän tau­gen könn­ten. Welch eine fan­ta­sti­sche Pla­stik, die Kunst des glo­ba­len Ver­brei­tungs­ge­bie­tes. — Ist im Wer­den.

Hier zwei Radio­bei­trä­ge, die ich bei der Recher­che zur Per­for­mance auf­ge­stö­bert habe.

Im Par­la­ment der Din­ge das Huhn (von Bar­ba­ra Eisen­mann)

Wo bleibt das Par­la­ment der Din­ge? (von Claus Leg­ge­wie)

 

Die Dis­fu­sen sind eine Poe­ten­ver­samm­lung, die sich in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den, ich sag mal »will­kür­lich«, trifft um Selbst­ge­schrie­be­nes zu lesen. Lesen, das fängt beim Buch­sta­bie­ren an und hört mit Per­for­me­rei lang nicht auf.

Man setzt Mot­ti, aber zwingt nicht zur Über­nah­me. Man orga­ni­siert sich ohne Orga­ni­sa­ti­ons­zwang, hält auf fluf­fi­ge Atmo­sphä­re, … Ich bin begei­stert und nut­ze die spon­ta­nen und kur­zen Gele­gen­hei­ten, um mich unge­fähr­det genug zu füh­len, was aus­zu­pro­bie­ren. (Wobei, was schief­geht ist immer gleich Teil der Per­for­mance.) Nun, dies­mal war das Mot­to, »Hal­lo, Sie kön­nen uns Suzen.«, und ich fin­de, das paßt.

Ich soll­te mei­ne DISFU Auf­trit­te viel­leicht mal rekon­stru­ie­ren und hier ins AKUT set­zen. Ja wirk­lich! Machich.

Dis­fu­se Lesun­gen, die Web­site.

Pho­tos und Text erschei­nen auch im näch­sten COMAG von Bernd Pla­ke, hier schon mal Link.

Spre­chen mit vol­lem Mund, Stoff­wech­sel. Inter­ak­ti­on ver­mischt sich mit Kom­mu­ni­ka­ti­on. Das mit der stö­rungs­frei­en Ein­deu­tig­keit ver­liert sich. Auch in mei­nem Kopf. Ich hal­te kein Refe­rat, ich bin des­sen Refe­renz.

Das Grill­gut (soo gut war es zwar nicht gegrillt), totes Huhn, ist ein Ding, aber ein ande­res als das Leben­di­ge, das es mal war. Schon die­ses muß­te sich, mensch­li­cher Kolo­nia­lis­mus, auf Ding­sta­tus redu­ziert sehen. So und so, sogar zu sei­ner Lebens­zeit, sogar schon vor­her. Nun wird es von mir ver­stoff­wech­selt und geht in mei­ne Lebens­funk­tio­nen über. (Und hin­durch ins Klo andern­tags und unter die Erde.) Noch als gegrill­tes Ding aber, bestimmt es unse­re Inter­ak­tio­nen – z.B. durch Ein­trag uner­wünsch­ter Medi­ka­men­te, Hor­mo­ne etc., ich ver­mu­te, unab­sicht­lich. Er ver­stoff­wech­selt sei­ne Stoff­wech­sel mit mir.

Zwangs­la­gen, die inein­an­der grei­fen.